Bei dieser Folge schlagen 2 Herzen in meiner Brust. Einerseits die Buchverliebte, die sehr auf die genaue Umsetzung der Vorlage von Diana Gabaldon achtet, andererseits diejenige, die sich gern auf die Veränderungen der Scriptschreiber einlässt und die Veränderungen der Geschichte genießt. Ich bin echt gespannt, was ihr dazu sagt.
The watch, die Wache, ist etwas, das in Schottland zu jener Zeit üblich war. Ian und Jenny haben das Beste aus der Situation gemacht und sich mit diesen Leuten arrangiert, soweit möglich. Und durchaus zähneknirschend. Aber was blieb ihnen anderes übrig? Die Art, wie diese Wache erklärt wird, zeigt ziemlich gut, wie sich Ian und Jenny in den Jahren, in denen Jamie nicht da war, ihr Leben aufgebaut haben. Die Diskussion zwischen Ian und Jamie finde ich zum Beispiel grandios. Man lernt hier ziemlich gut, wie ihr Verhältnis zueinander aufgebaut ist. Die gemeinsame Zeit als Soldaten in Frankreich (wer hier mehr wissen möchte, dem empfehle ich Königin im Exil, ein Kurzgeschichtenband) ist unglaublich gut beschrieben. Diese beiden Männer sind fast so etwas wie Brüder, haben gemeinsam gekämpft und wurden gemeinsam bestraft. Das verbindet für ein Leben und mehr.
Jenny erklärt Claire, wie Old John, Ians Vater, ihm gesagt hat, dass er immer die schwache Seite seines Herrn schützen müsste. Wenn beide nebeneinander stehen, dann kommt so schnell keiner an den beiden vorbei. Die beiden handeln fast wie ein Mann. Nachdem Ian Horrocks getötet hat, versucht Jamie ihn zu beruhigen. Er erinnert ihn daran, dass sie schon mal darüber gesprochen haben, was wohl die grössere Sünde sein, Unzucht oder Mord, und ob sie beide wohl in die Hölle müssten. Ian antwortet trocken, dass sie wohl beide in die Hölle müssten, da Gott wüsste, dass Jamie nie alleine solche Dinge getan hat.
Die unglaublich enge Beziehung zwischen Ian und Jamie hat mich in den Büchern immer fasziniert. Diese Verbundenheit, die mehr als bloße Freundschaft ist, für mich fast etwas wie gegenseitige Ergebenheit, ist in den Büchern wunderbar beschrieben. Und Ron und seinem Team sei Dank, kommt das in der Serie genauso gut rüber und ist für den Zuschauer fast körperlich zu spüren. Ian ist Jamies Fels in der Brandung und verspürt ihm gegenüber keinen Neid, da ja Jamie der eigentliche Herr über Lallybroch ist.
Der Trinkspruch, den McQuarry ausspricht, ist mehrdeutig.
Here’s to a long life, and a merry one;
A quick death, and a good one;
A pretty girl, and an honest one;
A stiff whisky, and another one!
Ians Erklärung, warum er sich über die Besuche von McQuarry gefreut hat, kann ich total nachvollziehen. Er fühlt sich ihm, dem Soldaten, gegenüber als ganzer Mann und nicht als Kriegsinvalide, der mit Mitleid betrachtet werden muss. Mit ihm ein Glas Whisky zu trinken, das ist wie eine Erinnerung an Jamie. Darüber hinaus macht er Jamie klar, dass nur er einen gewissen Schutz vor den Rotröcken und damit Randall bieten kann. Ein Mann alleine kann Randall nicht aufhalten: Das kann nur eine Armee. Und die Wacht ist ihre Armee.
Die letzte Folge hatte mich etwas enttäuscht, da Jenny und Claire in den Büchern auch eine ähnlich tiefe Verbindung zueinander haben. Ich bin so froh, dass man das in dieser Folge endlich sehen kann. Man sieht an Jennys Bauch, dass seit der letzten Folge einige Zeit vergangen sein muss. Jenny und Claire haben sich angenähert, sie beide lieben Jamie, und diese Liebe ist ihr gemeinsamer Startpunkt.
Wie fandet ihr die Geburtsszenen? Ich finde es wundervoll einfühlsam umgesetzt. Jede Frau, die selbst schon mal in den Wehen gelegen hat oder jeder, der eine Frau während dieser Zeit begleitet hat, weiß, dass es da Phasen einer unglaublichen Klarheit, aber auch von dem Gefühl des Sterbens gibt. Eine Frau verliert hier die Kontrolle über ihren Körper und eine höhere Macht greift zu. Und manchmal liegt die kühle Betrachtung der eigenen Situation und das Todesgefühl dicht beieinander.
Ihr erinnert euch doch sicher an die kleine Schlange aus Holz? Jene, die Jennys und Jamies Bruder Willie für seinen kleinen Bruder geschnitzt hat? Willie, der leider viel zu früh an den Folgen einer Pockenerkrankung verstorben ist, hat sie für Jamie geschnitzt und dessen Spitznamen an der Unterseite vermerkt. Der Moment, wo Jenny die Schlange hervorholt und sagt, dass Willie neben ihrer Mutter beerdigt liegt, welche nur zwei Jahre nach ihm während einer Geburt selbst verstorben ist, ist wunderbar gewählt. Im 18. Jahrhundert sind viele Frauen im Kindsbett und während der Geburt verstorben. Kreißsaal, geschulte Hebammen, moderne Medikamente und Chirurgen gab es damals noch nicht. Und Jenny ist sich der Gefahr sehr wohl bewusst.
McQuarry, ein Charakter, der nicht in den Büchern vorkommt, ist wirklich interessant. Er ist sich über die Natur seiner Begleiter sehr wohl bewusst. Er weiß, sie sind eigennützig, nicht gerade klug, respektlos, aufmüpfig, aber sie kämpfen und folgen ihm, solange sie ihren Anteil erhalten. Horrocks, der Deserteur der Rotröcke, also derjenige, den Jamie kurz nach seiner Hochzeit mit Claire getroffen hat, gibt sich in dieser Folge ein unwillkommenes Stelldichein. Wir mögen ihn nicht, Jamie mag ihn nicht und McQuarry auch nicht. Die Konfrontation zwischen Jamie und McQuarry, nachdem Ian Horrocks umgebracht hat, zwingt Jamie zu einer Entscheidung. Traut er ihm? Er entscheidet sich dafür, auch im Hinblick darauf, was Ian ihm über McQuarry erzählt hat.
Jamie nimmt den Mord auf seine Kappe, er braucht niemanden, der für ihn gerade steht. Und McQuarry soll wissen, dass auch er selbst gefährlich sein kann. Ist wohl so ein männliches Territorialding. McQuarry antwortet auf diese Enthüllung mit der Nachricht, dass er den irischen Bastard nie leiden konnte. Aber mit diesem Wissen liegt Jamies Leben jetzt in den Händen von McQuarry und dieser nutzt die Situation direkt aus, um Jamie zu erpressen. Diesem bleibt nichts anderes übrig, als mit der Wache zu reiten. War nicht so clever. Warum? Einfach weiter gucken.
Die Bilder, die jetzt folgen, sind wieder mal wunderbar. Die Landschaft Schottlands ist unfassbar schön und vielfältig. Während ihres gemeinsamen Ritts durch die Highlands, findet McQuarry heraus, dass er es bei Jamie nicht mit dem üblichen Highlander zu tun hat. Er findet hier einen gebildeten Mann vor, der offensichtlich ein Anführer ist.
Jetzt kommt, was kommen musste. Jamie wird von den Rotröcken verhaftet. Mit der Hilfe von Horrocks gerät die Wacht in einen Hinterhalt der Rotröcke und Jamie wird verhaftet, weil er den verwundeten McQuarry nicht verlassen will. Ian entkommt knapp und berichtet Claire und Jenny, was vorgefallen ist.
Nebenbei bemerkt: Die kleinen Szenen zwischen Claire und Jamie sind einfach wunderbar. Claire gibt ihm ziemlich deutlich zu Verstehen, dass sie ihm vermutlich niemals so einen wunderbaren kleinen Jungen, wie den kleinen Jamie, schenken wird. Sie hat es ja schon mit Frank versucht, und auch in dieser Beziehung ist sie nie schwanger geworden.
Nett ist auch die Verabschiedung der beiden. als Jamie mit der Wache losreiten will. Claire sagt ihm, er soll schnell wieder zurück kommen, sonst…folgt sie ihm und zieht ihn an seinen dicken, roten Locken zurück nach Hause. Und er wird das nicht mögen. Yeah! Das nenn ich mal ne klare Ansage. 🙂
Im großen und ganzen ist die Geschichte wirklich gut umgesetzt worden. Was mir nicht so gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass der Handlungsstrang mit Ronald McNab in dieser Folge nicht fortgesetzt wurde. Im Buch ist Ronald derjenige, der Jamie an die Rotröcke verrät, nachdem sein Sohn Rabbie von Jamie vor ihm beschützt wird. Die Pächter von Lallybroch rächen sich für diesen Verrat an ihrem Anführer damit, dass sie ihn umbringen und seine Hütte niederbrennen. In der Serie sieht man nur den jungen Rabbie kurz durchs Bild laufen.
Der größte Unterschied zur Buchvorlage ist aber tatsächlich das Erscheinen der Wache und die komplette Änderung, wie Jamie in die Hände der Rotröcke gerät. Hier wurde ein komplett neuer Handlungsstrang entwickelt und dafür einer aus dem Buch völlig weggelassen. Mir ist klar, dass man einige Dinge filmisch nicht gut umsetzen kann. Bisher wurden immer nur Seitenlinien der Geschichte geändert. Da das Buch ja komplett aus der Sicht von Claire geschrieben ist, kann und muss man einige Dinge zur bildlichen Umsetzung einfach dazunehmen oder auch weglassen. Wie steht ihr denn zur Wache? Bin gespannt auf eure Kommentare!